„Ich möchte so gerne überdauern…“ – Tagebücher aus NS-Lagern als historische Quelle im Unterricht

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Ausschnitt aus dem Tagebuch von Lily Zielenziger, geschrieben im KZ Bergen-Belsen, 1944, Original im Leo Back Institut New-York.

Das Schreiben eines Tagebuches unter den extremen Bedingungen eines Konzentrationslagers bedeutete immer eine zusätzliche Gefährdung für die schreibenden Häftlinge wie auch für seine Mithäftlinge. Die Tätigkeit des Schreibens musste sorgfältig verborgen, Schreibunterlage und Schreibgerät unter großen Risiken beschafft werden. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – sind uns einige dieser wertvollen Zeugnisse überliefert. Sie geben uns einen detaillierten Einblick in den subjektiv erlebten Lageralltag, den Kampf ums Überleben sowie in andere, von der Wissenschaft oft vernachlässigte Aspekte des Lagerlebens, wie z.B. Freundschaft unter den Häftlingen, kulturelles/künstlerisches Schaffen etc. Diese besonderen Tagebücher sind im Gegensatz zu offiziellen Dokumenten keine „Ergänzung“ derselben, sondern einzigartige und eigenständige Zeugnisse, die wichtige Bereiche des Lagerlebens aus einer individuellen Perspektive zeigen.
Die oft als „Krisentagebücher“ bezeichneten Dokumente erfüllten viele Funktionen für die jeweiligen Schreiber/innen: Neben dem Verlangen, Zeugnis abzulegen und einen Ausdruck zu finden für die Verzweiflung und Resignation sind sie auch ein wichtiges Mittel zur Herstellung und Aufrechterhaltung der eigenen Identität und wichtige Medien der Selbstreflexion.
Gemeinsam mit den Seminarteilnehmer/innen wird diese Textsorte als besondere historische Quelle für den Deutsch- und Geschichtsunterricht aufgearbeitet.

Erlangung von thematischen und methodischen Kompetenzen:
-Überblick über die Einsatzmöglichkeiten der Textsorte „Tagebuch“ als historische Quelle im Unterricht
– Einblick in den aktuellen Forschungsstand zum Thema „Tagebuch schreiben im Konzentrationslager“
– Hilfestellung bei der didaktischen und methodischen Umsetzung, Unterrichtsgestaltung sowie Projektarbeit im Unterricht.

Die Teilnehmer/-innen werden verschiedene – auch unveröffentlichte – Tagebücher kennen und interpretieren lernen.

– Nach der Einführung in den aktuellen Forschungsstand werden wir das Tagebuch als Textsorte analysieren bzw. wie und weshalb man diese gewinnbringend im Unterricht einsetzen kann. Es wird aufgezeigt, welchen Erkenntnisgewinn die Schülerinnen und Schüler aus dem Umgang mit dieser historischen Quelle ziehen können sowie auf die diversen Möglichkeiten und Besonderheiten bei der Interpretation eingegangen. Vor dem Hintergrund des besonderen Entstehungskontextes werden wir u.a. folgenden Fragen nachgehen: Welche Funktionen und Motive hatte das Schreiben eines Tagebuches im Konzentrationslager? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es zwischen „gewöhnlichen“ Tagebüchern und Tagebüchern, die im KZ geschrieben wurden? Was macht diese Quelle so besonders interessant für die Interpretation historischer Ereignisse?
– Abschlussdiskussion, Klärung von Fragen etc.

– Einführung in die historisch-kritische Methode: Arbeit mit historischen Quellen,
– Erarbeitung von Unterrichtsmaterialien, Projektarbeit, Planung und Durchführung von Unterrichtseinheiten,
– Vermittlung anregender kooperativer Lernformen.